PEI vs. Öffentlichkeit
Ein „Eilverfahren“, das keins ist – und ein Journalist, der nicht locker lässt
Es ist die perfekte Miniatur deutscher Pandemie‑Aufarbeitung. Eine Bundesoberbehörde, die ihre Pharmakovigilanz zur Geheimsache erklärt. Ein Verwaltungsgericht, das „Eilverfahren“ sagt und sich doch dem Verdacht der Verschleppung ausgesetzt sieht. Und ein Journalist, der so hartnäckig bohrt, bis die Fassade bröckelt. Es handelt sich um
@BBarucker
Ausgangspunkt war eine simple, völlig legitime Pressefrage. Wie viele Verdachtsfallmeldungen aus der SafeVac‑App hat das Paul‑Ehrlich‑Institut (PEI) insgesamt an die europäische Nebenwirkungsdatenbank EudraVigilance (EV) übermittelt? Statt einer klaren Zahl kam vom PEI nur die Nebelkerze „3.506“ – das sind Teilnehmer mit mindestens einem schwerwiegenden Ereignis, nicht die Summe der gemeldeten Verdachtsfälle. Das PEI schrieb Barucker am 04.07.2025 wörtlich, diese 3.506 seien „als schwerwiegendes unerwünschtes Ereignis“ an EV berichtet worden. Die nicht so schwerwiegenden Verdachtsfälle – also die große Masse – werde man „mit Abschluss der Auswertung“ nachmelden. Übersetzt heißt dies, dass die Auswertung noch gar nicht stattfand.
Zugleich stellt es auch ein Ausweichen statt Antworten dar – und genau so wurde auch die fast inhaltsgleiche Bundestagsanfrage abgefertigt.
@BBarucker blieb dran. Im Eilantrag an das VG Darmstadt legte er dar, dass ihm eine Liste mit 56.545 DE‑SVPEI‑Kennungen (eine EV‑Fall‑ID) vorliegt – jede Kennung steht für einen SafeVac‑Studienfall, der zur europäischen Datenbank gemeldet worden ist. Genau diese Zahl machte er vor Gericht zum Prüfstein. Hat das PEI 56.545 Fälle gemeldet – ja oder nein?
Das Verwaltungsgericht Darmstadt erhielt dazu die klaren Anträge, ausdrücklich als EILVERFAHREN – formuliert.
Was dann folgte, ist ein Kapitel für die Lehrbücher des Verwaltungsrechts – unter „Wie man Dringlichkeit verwaltet“.
Das Gericht musste das PEI zweimal zur Antragserwiderung erinnern; die Behörde beantragte danach noch eine Fristverlängerung um eine Woche. In der Sache fabulierte das PEI sodann im Schriftsatz vom 01.10.2025, man könne die Zahl der Verdachtsfälle „nicht ohne Weiteres“ angeben – worauf Barucker seine Presseanfrage erweiterte und das Gericht um Klarstellung bat. Das alles steht schwarz auf weiß in den Akten. Eilverfahren? So geht’s offenbar in Darmstadt: erinnern, verschieben, vertrösten. Die Pressefreiheit besteht gerade darin, den Bürger vor der Dunkelkammer der Macht zu schützen, indem es die Behörden zwingt, öffentlich Rechenschaft abzulegen. Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG garantiert der Presse den ungehinderten Zugang zu Informationen, damit Regierung und Verwaltung nicht über, sondern unter den Augen der Gesellschaft handeln können. Transparenz ist keine Gnade, sondern Verfassungspflicht.
Daher legte
@BBarucker nach. In einem umfangreichen Schriftsatz vom 08.09.2025 wurde das juristische 1×1 der Pharmakovigilanz aufgeblättert – inklusive der eigentlich glasklaren Pflichten nach dem Arzneimittelgesetz. Danach sind Nicht‑schwerwiegende Verdachtsfälle spätestens binnen 90 Tagen, schwerwiegende binnen 15 Tagen an EV zu melden (§ 62 Abs. 3 AMG). Außerdem sind Ergebnisse einer Anwendungsbeobachtung (PASS) wie SafeVac spätestens ein Jahr nach Ende der Datenerfassung zu veröffentlichen (§ 67 Abs. 6 S. 7 AMG). Genau das hat das PEI selbst als Rechtsrahmen anerkannt – und gleichzeitig nicht erfüllt. Ein Einschreiten der Fachaufsicht (hier das BMG) ist nicht ersichtlich. Daher muss von einer Duldung der Mißstände ausgegangen werden.
Der Meldeverzug und die Publikationspflichtverletzung beruhen mutmaßlich auf dem Umstand, wie Multipolar im März 2025 berichtete (link einfügen), dass das PEI/ZEPAI zugleich auch als Prozessfinanzierer der Impfhersteller fungiert und es damit automatisch in einen unauflöslichen Interessenkonflikt gerät, wenn die korrekten Daten der Pharmakovigilanz das Licht der Welt erblicken würden.
Der Clou jedoch ist numerisch – und er ist enorm. SafeVac hatte laut Regierungsantwort 739.515 registrierte Teilnehmer. Setzt man dazu die 56.545 an EV übermittelten SafeVac‑Fälle ins Verhältnis, landet man bereits bei 7,6 % der Teilnehmer mit einer meldepflichtigen Reaktion – wohlgemerkt ohne jegliche Korrektur für die zahlreichen Non‑Responder, die in der App gar nicht (mehr) geantwortet haben. Rechnet man diese Nichtantworter (realistisch 30–40 % ein, liegt der Anteil der tatsächlich Betroffenen deutlich über 10 % – also mehr als jeder Zehnte. Das ist heftig. Und es erklärt, warum das PEI diese Zahl lieber unsichtbar halten möcht. Die Basisdaten (739.515 / 56.545) sind aktenkundig.
Noch brisanter sind besonders die schweren Nebenwirkungen, die derzeit eine Melde – Lücke offenbaren. Aus den Unterlagen an das Gericht geht hervor, dass in EV nur für einen Teil der offiziell genannten 3.506 schwerwiegenden Fälle eine „serious“-Kennzeichnung hinterlegt ist – mit anderen Worten: Es fehlen schwerwiegende Fälle in EV oder sie sind falsch klassifiziert. Das kann nur zwei Ursachen haben. Zum Einen die Nichtmeldung oder zum anderen die Fehlklassifizierung. Und genau hier plaudert das PEI endgültig aus dem Nähkästchen. In seinem Schriftsatz vom 24.10.2025 schreibt die Behörde selbst, man habe Studienfälle „im Wesentlichen nur dann“ als „schwerwiegend“ an die EMA gemeldet, wenn die App‑Angabe „Hospitalisierung“ vorlag. Die EU‑weit verbindlichen Kriterien für „Seriousness“ (lebensbedrohlich, bleibender Schaden, Tod, Fehlbildung etc.) wurden damit nicht vollständig angewandt – ein klassischer Nährboden für systematische Unterklassifizierung.
Womit wir beim vielleicht verstörendsten Teil sind. Das PEI verkauft SafeVac im Verfahren plötzlich als „freiwilliges Forschungsvorhaben“ und beruft sich auf „Wissenschaftsfreiheit“, um sich der Auskunft aus der Pressanfrage zu entziehen. So steht es seit August 2025 in der Antragserwiderung – obwohl dieselbe Behörde SafeVac zuvor selbst als Teil der aktiven Pharmakovigilanz und Anwendungsbeobachtung (PASS) beschrieben hatte. Ein Behörden‑Hütchenspiel - mal Forschung (wenn es um Geheimhaltung geht), mal Pharmakovigilanz (wenn es um öffentliche Sicherheit geht).
Dass es die Daten in EV tatsächlich gibt – und in welcher Struktur – bestätigt ausgerechnet die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) selbst. In einem Schreiben vom 08.10.2025 fordert die EMA die Löschung von nicht‑öffentlichen WWUID‑Daten aus EV, die in externen Dashboards im Internet aufgetaucht waren, und erklärt detailliert, dass WWUIDs mit lokalen EV‑Nummern und Länderangaben verknüpft sind. Das bedeutet, dass die Spur der SafeVac‑Fälle in EV eindeutig und nachvollziehbar ist – nur eben nicht erwünscht im Scheinwerferlicht der Öffentlichkeit.
Und das Verwaltungsgericht Darmstadt? Es hat alle Trümpfe auf dem Tisch:
– Es liegt ein Eilantrag einer akkreditierten Presseperson vor, präzise auf Zahlen gerichtet, die das PEI im Rahmen seiner gesetzlichen Pharmakovigilanz erzeugt oder verarbeitet hat.
– Die Dringlichkeit folgt schon daraus, dass Ergebnisse aus PASS‑Studien gesetzlich fristgebunden sind – und dass die Unterlassung einer zeitnahen Auskunft die öffentliche und gerichtliche Aufarbeitung real beschädigt.
– Trotz alledem ließ das Gericht Frist auf Frist verstreichen und schaut dem PEI bis heute dabei zu, wie es mit „können wir nicht ohne Weiteres“ die Zeit verstreichen lässt. Das ist keine richterliche Eilkontrolle – das ist Untätigkeit mit Siegel, bisher vor allem im Bereich der Sachverhaltsaufklärung.
Die Zahl 56.545 adverse Events – also unerwünschte Nebenwirkungen hat das PEI im Verfahren nicht bestritten,
@BBarucker hat sie belegt – und das Gericht hat die Bestätigung praktisch abholbereit gemacht: Ja oder nein?
Ein Ja entspricht bereits 7,6 % gemeldeter Reaktionen; realistisch – unter Berücksichtigung von Non‑Respondern – über 10 %. Das ist ein Alarmsignal, kein Fußnotenklecks.
Die absehbare „Serious“-Lücke ist selbstverschuldet, weil das PEI „Schweregrad“ eng am Kriterium „Hospitalisierung“ festgetackert hat – entgegen der EU‑Regeln. Wer so meldet, übersieht Risiken.
Die Rechtspflichten aus AMG (melden binnen 15/90 Tagen, veröffentlichen binnen eines Jahres) stehen – das PEI biegt sie, das Gericht lässt es geschehen. Das ist der eigentliche Skandal. Dabei geht Juristen nicht aus dem Kopf, dass für die meisten Impfgeschädigten am 31.12.2025 die Ansprüche gegen die Hersteller und gegen die Bundesländer (vertretend für die Ärzte) auch in Bezug auf die in 2022 eingetretenen gesundheitlichen Schäden verjähren. Hat das Ziehen dieses Eilverfahrens etwa damit etwas zu tun?
Und Bastian Barucker? Der Mann macht, wofür investigativer Journalismus da ist. Er fragt präzise, er dokumentiert, er hält nicht die Klappe, wenn eine Behörde auf Zeit spielt – und er zwingt ein Thema mit hoher Relevanz für Gesundheit, Recht und Politik in die Öffentlichkeit. Ohne seine Akribie gäbe es weder die 56.545 auf dem Radar noch die entlarvende „Hospitalisierung‑Logik“ im Protokoll. Das ist Aufklärungsarbeit im besten Sinn – dickes Brett, dicker Dank. Wer sich darüber einen Eindruck verschaffen möchte, dem sei die Seite
barucker.press/ ans Herz gelegt.
01.10.2025 – merken Sie sich dieses Datum. Da begann das PEI, die Zahl der Verdachtsfälle zur Rechenaufgabe mit lauter Unbekannten zu erklären. Doch Zahlen sind keine Meinung. Zahlen gehören der Öffentlichkeit. Das gilt erst recht, wenn es um Sicherheit von Arzneimitteln geht – und um Entscheidungen, die Millionen Bürgerinnen und Bürger betreffen.
Mein Wunsch als Vertreter von vielen Impfgeschädigten: Schluss mit dem Verwirrspiel. Zahlen auf den Tisch. Meldepflicht heißt melden; Veröffentlichungspflicht heißt veröffentlichen. Und ein Eilverfahren heißt: jetzt und nicht „später vielleicht“. Bis dahin bleibt es an
@BBarucker den Druck im Kessel hochzuhalten.
@BBarucker gilt der Dank der von unserer Kanzlei vertretenen Impfgeschädigten für seine akribische Arbeit und sein Durchhaltevermögen. Wir wünschen ihm und seiner Rechtsanwältin Dr. Meyer-Hesselbarth
@dr_fmh viel Erfolg.