Ist das nicht hervorragend? Wie komme ich an die Münzsammlung des Großvaters oder die Goldbarren, als sie noch nicht deklarierungspflichtig waren? Wie klaue ich geerbten Schmuck? Wie können für Wertgegenstände, die Jahrzehnte alt sind noch die Anschaffungsnachweise vorhanden sein? Also wie muss sich das dann der Bürger vorstellen - morgentlicher Bademantelüberfall - nur dieses mal mit LKW einer Spedition, die die Wohnung ausräumt in Bezug auf alle Wertgegenstände, für die nicht sofort der legale Erwerb nachgewiesen werden kann?
Ein genereller Grundsatz „Wer Wertgegenstände im Haus hat und keinen (mehr) Erwerbs‑/Kaufnachweis vorlegen kann, dem werden die Sachen abgenommen“ wäre mit hoher Wahrscheinlichkeit verfassungswidrig.
Er verletzte vor allem Art. 14 GG (Eigentum), Art. 13 GG (Unverletzlichkeit der Wohnung), das Rechtsstaatsprinzip (Bestimmtheit/Normenklarheit, effektiver Rechtsschutz) und kollidierte mit der Selbstbelastungsfreiheit (nemo tenetur).
Nach geltendem Recht sind Eingriffe in dieses Vermögensfeld nur auf gesetzlicher Grundlage, bei konkretem Verdacht und mit richterlicher Kontrolle möglich; das bloße Fehlen einer Quittung genügt dafür nicht. Die Beweislastumkehrregel dürfte daher verfassungswidrig sein.
Schranken & Schranken‑Schranken
Bestimmtheit/Normenklarheit (Art. 20 Abs. 3 GG): Unklare Begriffe wie „Wertgegenstände“ oder „Erwerbsnachweis“ ohne präzise Schwellen (Wertgrenzen, Stichtage, zulässige Nachweise) verletzen das Bestimmtheitsgebot. Bürger müssen vorhersehbar erkennen, wann sie Wertsachen behalten dürfen und wann sie bereits der Einziehung unterliegen.
Deutscher Bundestag
Selbstbelastungsfreiheit (nemo tenetur): Eine Regel „Belege vorlegen oder Eigentum verlieren“ nötigte Betroffene, aktiv an ihrer eigenen Überführung mitzuwirken (etwa bei Steuer- oder Geldwäschevorwürfen). Die Selbstbelastungsfreiheit ist verfassungsrechtlich geschützt.
Effektiver Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG): Einziehungsverfügungen müssen gerichtlicher Kontrolle zugänglich sein; ein faktischer Automatismus ohne effektive, aufschiebende Gegenwehr wäre unzulässig.
Verhältnismäßigkeit
Geeignetheit/Naher Tatbezug: Ohne konkreten Straftatbezug ist die Abnahme bloße Vermögensregulierung „ins Blaue“ hinein. Das EU‑Recht erlaubt zwar Einziehung von Vermögen unklarer Herkunft, verlangt dafür aber belastbare Tatsachen und eine gerichtliche Überzeugungsbildung – fehlende Belege genügen nicht.
Erforderlichkeit: Mildere Mittel existieren (gezielte Sicherstellungen, Vermögensarrest, Einziehung nach §§ 73 ff. StGB), die an konkrete Verdachtslagen anknüpfen.
Angemessenheit: Eine pauschale Quittungspflicht träfe auch redliche Bürger (ältere Erbstücke, Geschenke, Second‑Hand‑Käufe, lange zurückliegende Anschaffungen) und verschöbe das Risiko staatlicher Fehlannahmen unzumutbar auf den Einzelnen.
Europarechtliche/Human‑Rights‑Leitplanken
EU‑Richtlinie 2024/1260 (Vermögensabschöpfung) verlangt für NCBC‑Konstellationen (Einziehung ohne Verurteilung) u. a. ausreichende Tatsachen/Umstände, richterliche Entscheidung und Rechtsbehelfe. Sie schafft keine Grundlage für eine bloße Belegpflicht mit Einziehungsautomatismus.
EGMR (Art. 6 Abs. 2 EMRK / Art. 1 ZP 1): Der Gerichtshof lässt in post‑conviction‑Konstellationen begrenzte Beweislastverschiebungen in Konfiskationsverfahren zu (Phillips; Grayson/Barnham). Das ist etwas grundlegend anderes als eine anlasslose Beweislastumkehr im Alltag.
Wer das Vorhaben einmal zu Ende durchdenkt und ein worst case Szenario eröffnet, würde diese dem Staat den Raubzug durch alle Häuser ermöglichen, um jeden alles abzunehmen, wofür kein Erwerbsnachweis erbracht werden kann. M.E. ist es so, wie es mitgeteilt wurde, verfassungswidrig.
„Wir wollen eine Umkehr der Beweislast: Wer Vermögen besitzt, dessen Herkunft unklar ist, muss künftig beweisen, dass dieses Geld legal erworben wurde. Das ist ein echter Paradigmenwechsel.“ – Bundesinnenminister Alexander Dobrindt
#OrganisierteKriminalität